SCHINKELSCHULE
Aus Schinkels Schule gingen mehrere Architekten hervor, deren architektonisches Werk sichtbar vom Vorbild des "Lehrers" Schinkel geprägt wurde. Ferdinand von Arnim, Ludwig Friedrich Hesse, Eduard Knoblauch, Ludwig Persius, August Soller, Johann Heinrich Strack und Friedrich August Stüler seien hier aus der großen Anzahl aufgeführt. Aus der Zeit bis zu Schinkels Tod 1841 stammen nur wenige eigenständige und herausragende Bauten. Sein Einfluß im Werk seiner Schüler war so stark, daß ihre individuellen Leistungen manchmal nur schwer festzustellen sind. Sie bedienten sich anfangs der von Schinkel vorgegebenen Architekturformen, emanzipierten sich aber zunehmend, und fanden so zu einer persönlichen, wiedererkennbaren Formensprache. Backstein, durch die Friedrichwerdersche Kirche in Preußen wieder "hoffähig" gemacht, wurde auch von seinen Schülern gern verwendet. Die Leitung der Oberbaudeputation teilte sich nach Schinkels Tod auf annähernd gleicher Ebene unter dem engsten Schülerkreis auf. Nach dem Tod von Persius und Soller konzentrierten sich dann alle Funktionen auf Stüler. Mit dessen Tod 1865 endete die ältere Richtung der Schule, die noch durch den praktischen Umgang mit Schinkel geprägt worden war.

Ludwig Persius (1803 Potsdam - 1845 ebd..) stand Schinkel von allen Schülern künstlerisch am nächsten und setzte dessen Werk am konsequentesten fort. 1821 begann er als Zeichner bei Schinkel, wurde zwei Jahre später dessen Bauleiter und absolvierte 1826 die Baumeisterprüfung. Weitere Zusammenarbeit mit Schinkel. Erste selbständige Bauten ab 1833 in Potsdam. 1841 Mitglied der Oberbaudeputation und Ernennung zum Hofarchitekten. Mit seinem für sich errichteten Wohnhaus (zerstört) schuf er 1837 einen neuen Typus - ein aus Kuben asymetrisch zusammengefügtes Ensemble -, der eine Zeit lang besonders den Potsdamer Villenbau beeinflußte. Die noch erhaltene Villa Schöningen zeigt den inzwischen für eine Potsdamer Villa obligatorisch gewordenen Turm.

August Soller (1805 Erfurt - 1853 Berlin) studierte an der Bauakademie, war nach seiner Baumeisterprüfung Mitarbeiter und "Lieblingsschüler" Schinkels und ab 1837 Assessor bei der Oberbaudeputation, zuständig für das Kirchenbauwesen, und ab 1841 Mitglied in leitender Funktion. Sein Hauptwerk, die Michaelskirche in Berlin, 1850-56 errichtet als katholische Garnisonskirche, ist ein wichtiges Beispiel für den Historismus der Schinkelschule. Vorbilder sind oberitalienische Backsteinkirchen der Renaissance. Die Verbindung von Zentralbau und Langhaus - kreuzförmige dreischiffige Halle mit dreiapsialem Chor, hoher Vierungskuppel und turmloser Eingangsfassade - nahm Einfluß auf Berliner Nachfolgebauten.

Friedrich August Stüler (1800 Mühlhausen/Thür. - 1865 Berlin) war nach dem Studium an Bau- und Kunstakademie und der Baumeisterprüfung 1827 zwei Jahre bei Schinkel tätig. Er unternahm 1829/30 eine Italienreise mit seinem Studienfreund, dem späteren Berliner Privatarchitekten Eduard Knoblauch. Nach der Ernennung zum Hofbauinspektor 1829, folgten 1831 die zum Direktor der Schloßbaukomission, 1834 die zum Lehrer an der Bauakademie, nach Schinkels Tod 1841 die zum Oberbaurat und Mitglied der Oberbaudeputation und 1842 zum Hofarchitekten. Ab 1853 wurde ihm, gleich Schinkel, die Verantwortung für das gesamte Hof-, Staats- und Kirchenbauwesen übertragen. Mit dem Neuen Museum in Berlin und dem Akademiegebäude in Budapest wurde er weit über Preußens Grenzen hinaus bekannt.
Das Neue Museum, 1843-46, war nach Schinkels Museum, das nicht mehr alle Sammlungen aufnehmen konnte, der erste Bau auf der Spreeinsel, die König Friedrich Wilhelm IV. nun in eine "heilig-stille Freistätte für Kunst und Wissenschaft" verwandeln wollte. Stülers innovativem Denken und seinen großen technischen Kenntnissen ist es zu verdanken, daß trotz aller musealer Inszenierung für die damalige Zeit modernste bautechnische Gesichtspunkte berücksichtigt wurden. Für das konstruktive Gerüst wurde Eisen, elegant verkleidet, verwendet. Sogenannte Preußische Kappen als zwischen Eisenträger gespannte Gewölbe fanden auch Anwendung in künftigen Bauten. Die offene Verwendung von Eisen zur gestaltung sollte zu einer "Inkunabel der preußischen Eisenkunst" werden.

Barbara Dorenberg

Literatur
1 Persius, Villa Schöningen, Potsdam 2 Soller, Michaelskirche, Berlin 3 Stüler, Neues Museum, Berlin 4 Stüler, Neues Museum, Innenaufnahme, Berlin